Jahresgabe

GEHEN IST MENSCHLICH

Pauł Sochacki

Malerei ist für den 1983 in Kraków geborenen Pauł Sochacki nur eins von vielen Mitteln, mit denen er die künstlerische Geste, das Werk und die Institutionen der Kunst aus ihren falschen Exotisierungen befreit und auf das gesellschaftliche Ganze zurückbezieht. Andere sind delegierte Performances oder das durch Obdachlose verkaufte Magazin Arts of the Working Class. Für den Kunstverein hat Pauł Sochacki fünf Hommagen an Düsseldorf gemalt: den auf der Kö flanierenden Schwan, der seine Wirkung in der Fassade des Dreischeibenhauses überprüft; den Obdachlosen, der Schutz unter dem Gefieder einer Taube am Worringer Platz findet; die Gehry-Hochhäuser, die zusehen, wie ihnen das Rhein-Hochwasser zu nahetritt; zwei miteinander züngelnde Seepferdchen, die die Länge der von ihnen umschlungenen Fernsehtürme vergleichen; und einen Karnevalisten mit den Zügen des Mettmanner Neandertalers, der mit Knochen zum identitären Marsch aufspielt. Mit zartem, herbem, kratzendem bis gerade so vorhandenem Strich kitzelt Sochacki die tieferen libidinösen Schwingungen der Stadt heraus, in der er aufgewachsen ist. Statt den Raum der Betrachter_innen auszubauen, indem er in heroischen Gesten Ausblicke auf Neues, Fremdes böte, macht er die Wände dieses Raums durchlässig. Man steht wie nackt vor diesen sich nackig machenden Bildern. (Kolja Reichert)