Jahresgabe

Souvenir aus Harburg

Lahr, Jil

Die Ausstellung Things That Found No Space von Jil Lahr zeigte eine persönliche Sammlung von Souvenirgegenständen, die Urlaubsziele symbolisch repräsentierten und den flüchtigen Eindrücken einer Reise etwas Dauerhaftes verliehen. Die gefundenen, geschenkten und gekauften Kühlschrankmagnete reproduzierten zum Großteil stereotype Darstellungen von touristischen Orte und Sehenswürdigkeiten. Die nicht-hierarchische Anordnung lenkte das Augenmerk auf die Besonderheiten der einzelnen Objekte und eröffnete in deren Zusammenspiel neue Lesarten. Gleichzeitig verwies die reduzierte Nachbildung eines Souvenirshops auf die Massenproduktion von touristischen Andenken, die das Vorhaben, eine individuelle Erfahrung materiell festzuhalten, ad absurdum führen. Die Ausstellung thematisierte die Reise der Dinge von ihrem Kauf bis hin zur Frage nach ihrem Verbleib.
Für die Jahresgaben fertigt Jil Lahr 30 glasierte Magnete aus Keramik an. Wurden in der Ausstellung noch zusammengetragene Souvenirs aus aller Welt gezeigt, wird nun der Ausstellungort selbst zum Motiv. Im Gegensatz zu den in Massen gefertigten Objekten der Erinnerungsindustrie sind die Jahresgaben von Jil Lahr handgefertigte Unikate.
Die intuitiv gewählten Motive ergeben in ihrer Summe ein Panorama des Harburger Bahnhofs. Trotz seiner historischen Bedeutung für den Hamburger Raum und seiner eindrucksvollen Architektur im hannoverschen Stil gilt der Harburger Bahnhof nicht als touristische Sehenswürdigkeit. Souvenirs gelten als entwertete Artefakte der Alltagskultur, in ihrer Anwendung generieren sie jedoch Bedeutung. Jil Lahr produziert durch die Jahresgaben für den Harburger Bahnhof symbolische und kulturelle Bedeutungen. Dabei wird die repräsentative Idee eines Souvenirs als direkter Verweis auf den Ort zum Teil aufgegriffen. Die Außenansicht des Bahnhofsgebäudes oder der Schriftzug Harburg geben eindeutige Hinweise auf das Motiv. An anderer Stelle wird der künstlerische Blick auf das Abseitige verlagert. Schiefe Bodenfliesen mit Kaugummiresten oder Gleisansichten sind nicht ortsgebunden identifizierbar. Wiederum andere Bildmotive wecken für die regelmäßigen Besucher:innen assoziative Erinnerungen, wie beispielweise die senfgelben und braunen Fliesen. Jil Lahr greift die Praxis der Kühlschrankmagneten auf und arrangiert sie spielerisch neu, indem klassische Formen und Motive mit persönlichen Blickwinkeln kombiniert werden.