Kunstverein

Kunstverein in Hamburg

1817 

Bei David Christopher Mettlerkamp (Obertleutnant und Bleideckermeister, Hersteller von Blitzableitern und Kunstsammler, wurde 1848 Alterspräsident der Hamburger konstituierenden Versammlung) trifft sich wöchentlich eine kleine Gruppe von Hamburgern Bürgern, um sich gemeinsam Stiche und Zeichnungen altdeutscher und zeitgenössischer Künstler aus den eigenen Sammlungen anzusehen. Diese regelmäßigen Treffen markieren den Beginn des ersten von Bürgern getragenen Kunstvereins.

1821/1822

Da die Teilnehmergruppe immer weiter anwächst, finden die Treffen von nun an in der Kunsthandlung Harzen statt. Am 24. Januar 1822 gibt sich die Gruppe – insgesamt 19 Personen – eine erste Verfassung. Darin heißt es u.a.: 

§1 Der Zweck des Kunstvereins ist mehrseitige Mittheilung über bildende Kunst.
§2 Vorläufig ist der Montag zum Zusammenkunftstage bestimmt. Die Versammlung fängt um 7 Uhr abends an, und währt bis 10 Uhr. 
§4 Zu jeder Sitzung wird für diesen Winter der Gegenstand der Beschäftigung und Betrachtung für die nächste Versammlung bestimmt, und zwar um 8 Uhr. 
§5 Fremde können eingeführt werden, aber während des ganzen Winters jeder höchstens dreymal.
§6 Jedes Mitglied kann an einem Abend nur einen Fremden einführen.....

Der Kunsthändler Georg Ernst Harzen übernimmt ehrenamtlich die Geschäftsführung. Die Unterzeichner kennen sich fast alle aus der Patriotischen Gesellschaft und sind Kunstsammler. Sie kennen sich über private und geschäftliche Beziehungen. 

1826

Der Kunstverein veranstaltet vom 13. April bis zum 18. Mai die erste öffentliche Ausstellung in einem von Alexis de Chateauneuf erbauten Haus Ecke ABC-Straße / Fuhlentwiete. Gezeigt werden 161 Werke, außerdem 39 Kopien nach alten Meistern und 20 Arbeiten von Laien-Künstlern. Darunter auch zahlreiche Hamburger Künstler wie: Louis Asher, Morgenstern, Siegfried Bendixen, Faber oder Julius Milde. Außerdem vertreten sind: Johan Christian Dahl (Dresden), Friedrich Georg Kersting (Meißen), Ludwig Strack (Oldenburg) und Caspar David Friedrich mit seinen Bildern „Durchblick durch eine Ruine“ (später bekannt als "Huttens Grab") und "Ansicht des Eismeeres" (seit 1905 im Besitz der Hamburger Kunsthalle). 

Diese Ausstellung markiert den Anfang eines systematischen Ausstellungswesens in Hamburg. Bürger schaffen Künstlern die Möglichkeit zur öffentlichen Präsentation und zum Verkauf.

Das erwartete Echo auf diese Ausstellung bleibt leider aus. Trotzdem finden diese Ausstellungen nun alle zwei bis drei Jahre statt. Es werden auch immer mehr internationale Künstler gezeigt und die Resonanzen auf diese Ausstellungen nehmen zu. Auch stellen die Ausstellungen einen finanziellen Gewinn für die Künstler und den Verein dar. 

1836

Mangels einer Gemäldesammlung wird der Entschluss zum Ankauf älterer Kunst getroffen. Durch Schenkungen wächst die Sammlung beständig an. 1863 gehen auch die Sammlungen von Harzen, Commeter, Hudtwalcker an den Kunstverein. Er gelangt dadurch in den Besitz von Philipp Otto Runges "Hülsenbecksche Kinder". 

1848

Endgültige Zusammenlegung des Kunstvereins mit dem „Gemälde-Verlossungs-Verein“ (Verein zum Zweck einer Bildlotterie). Der gemeinsame Name lautet seitdem Kunstverein in Hamburg.

Die Zahl der Mitglieder beträgt nun 467, darunter auch 30 Frauen.

Unter dem Einfluss der bürgerlichen Revolution gibt sich der neue Verein auch eine neue Satzung. Danach kann nun (anders als bisher) jeder Bürger Kunstvereins-Mitglied werden, wenn er einen jährlichen Beitrag von 15 Mark Courant (umgerechnet etwa 50 Euro) entrichtet. Jedes Mitglied hat Anrecht auf ein Los für die Bilderverlosung und auf freien Eintritt zu den Ausstellungen. Zahlt ein Mitglied zusätzlich weitere zwei Friedrichsd’or (etwa 12 Euro), die der Vermehrung der Sammlung dienen, kann er auch an der Ratsversammlung teilnehmen, die im Winter einmal wöchentlich stattfindet und alle Angelegenheiten des Vereins regelt. Die für alle offene (unabhängig von der Höhe des entrichteten Mitgliederbeitrages) Mitgliederversammlung als Souverän des Vereins wird erst 1889 eingeführt.

Die Satzung zählt zu den Aufgaben des Kunstvereins nun auch die in diesem Jahr zum ersten Mal durchgeführte „permanente Ausstellung von Kunstgegenständen, welche vorläufig wöchentlich dreimal geöffnet sein wird, um sowohl den Künstlern Gelegenheit zu geben, ihre fertig gewordenen Werke zu zeigen, als auch den Vereins-Mitgliedern andere interessante Erscheinungen im Gebiete der Kunst ... vorzuführen“.

Die Permanente Kunstausstellung ist eine Verkaufsausstellung und beruht auf dem Prinzip des fliegenden Wechsels: Jeden Samstag werden die verkauften Werke durch neue Arbeiten ersetzt. 

Der erste Wortführer (vgl. mit dem ersten Vorsitzenden) des Kunstvereins wird der Professor für klassische Philologie am Akademischen Gymnasium, Christian Petersen. Er wird dieses Amt für die kommenden 22 Jahre innehaben.

1850

Der Kunstverein eröffnet eine Städtische Galerie in den Börsenarkaden und präsentiert dort seine Sammlung (ab 1852 findet dort auch die Permanente Ausstellung statt). Die Räume werden von der Stadt zur Verfügung gestellt. Der begleitende Katalog verzeichnet 40 Gemälde, darunter auch 27 Werke aus dem Nachlass von Hartwig Hesse. Die Permanente Kunstausstellung ist nun auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich und nicht mehr nur Mitgliedern vorbehalten. 

1852

Einrichtung eines Lesezimmers mit englischen, französischen und deutschen Kunstzeitschriften für die Mitglieder. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelt sich daraus eine umfangreiche Kunstbibliothek, die 1891 zusammen mit der Kupferstichsammlung der Hamburger Kunsthalle geschenkt wird. 

1868

Die Hamburger Kunsthalle wird eröffnet. Grundstock bildet die ständig wachsende Städtische Gemäldegalerie des Kunstvereins.

1873

Erste Einzelausstellung im Kunstverein Peter Cornelius

1874

Herausragender Erfolg einer Wanderausstellung des norddeutschen Kunstvereins-Verbundes: 30.000 Besucher, 10.000 Thaler Erlös durch den Verkauf von 137 Werken. 

1884

Der Kunstverein stellt seinen ersten Geschäftsführer ein 

1896

Ausstellung von Adolph Menzel zusammen mit der Kunsthalle 

1897

Ausstellung der Künstlervereinigung Worpswede mit Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Heinrich Vogeler, u.a.

1898 

Ausstellung von Arnold Böcklin, Giovanni Segantini, Hans Thoma

1899

Der Kunstverein bezieht neue Ausstellungsräume am Neuen Wall 14, in denen er bis 1915 neben der Permanenten Ausstellung auch wechselnde Ausstellungen mit den bestimmenden Kunstrichtungen des In- und Auslandes präsentierte

1905

Große Ausstellung mit modernen holländischen und belgischen Künstlern

1908

Große Retrospektive zum Werk von Hermann Kauffmann aus Anlass seines 100. Todestages

1916

Der Kunstverein bezieht wieder die angestammten Räume in der Kunsthalle

1919

Der Kunstverein veranstaltet eine Ausstellung unter dem Titel „Französische Malerei bis 1914“, in der u.a. Bonnard, Cézanne, Courbet, Gauguin, van Gogh, Picasso, Renoir, Seurat oder Signac gezeigt werden 

1921

Der Kunstverein zeiht in den Neubau der Kunsthalle 

1922

Am 1. April eröffnet der Kunstverein in den Kabinetten der Kunsthalle am Glockengießerwall die erste Ausstellung des „Deutschen Künstlerbundes“

1925

Der Kunstverein zählt ca. 1.000 Mitglieder. Im Zuge der Wirtschaftskrise und der Inflation geht die Mitgliederzahl soweit zurück, dass ein Fortbestand nur durch das Engagement namhafter Kunstfreunde gesichert werden kann.

1927

Die große internationale Kunstausstellung „Europäische Kunst der Gegenwart“ wird mit 40.000 Besuchern zu einem Publikumserfolg

1930

Der Kunstverein eröffnet die neuen Räumlichkeiten in der Neuen Rabenstraße 25 mit einer großen Ausstellungen Hamburger Künstler: „Kunst der letzten 30 Jahre aus Hamburger Privatbesitz". Die Geschäftführung und Ausstellungsleitung übernimmt Dr. Hildebrand Gurlitt. 

1933

Der Vorstand und der Geschäftsführer des Kunstvereins müssen zurücktreten. Gurlitt wird durch den von den Nationalsozialisten berufenen Bürgermeister Krogmann abgelöst. Am 30. März wird die 12. Ausstellung der Hamburgischen Sezession (eine 1919 gegründete Künstlervereinigung, die ihre jährlichen Ausstellungen im Kunstverein veranstaltet) geschlossen. Die Künstlervereinigung wird kurze Zeit später zur Selbstaufgabe gezwungen. 

1936 

Die Ausstellung "Malerei und Plastik in Deutschland 1936" mit Künstlern wie Ernst Barlach, Max Beckmann, Otto Dix, Lyonel Feininger, Hermann Glöckner, Erich Heckel, Alexey von Jawlensky, Ernst Ludwig Kirchner, Edvard Munch, Ernst Wilhelm Nay, Emil Nolde, Oskar Schlemmer, Karl Schmidt-Rottluff oder Heinrich Stegemann wird auf Anweisung aus Berlin geschlossen. Das Haus in der Neuen Rabenstraße wird beschlagnahmt. 

1937

Das Gebäude in der Neuen Rabenstraße wird zwangsversteigert und der Kunstverein wird in die Kunsthalle zurück verlegt.

1945 

Am 27. Oktober wird die vor 1933 gültige Satzung wieder eingesetzt. Noch blieben die Konten des Kunstvereins gesperrt. Da die Kunsthalle noch besetzt war, verfügte der Kunstverein über keine Ausstellungsräume. 

1946 

Mit einer Ausstellung über Hamburger Künstler nimmt der Kunstverein seine Arbeit wieder auf. Der neue Direktor der Kunsthalle, Carl Georg Heise, wird in den Vorstand gewählt.

1963

Am 3. Mai eröffnet der Kunstverein sein neues Haus neben der Kunsthalle am Ferdinandstor mit der Ausstellung „Cézanne, Gauguin, van Gogh, Seurat – Wegbereiter der modernen Kunst". Der erste künstlerischer Leiter des Kunstvereins ist Hans Platte. Er führt in seinen Ausstellungen die Klassische Moderne in ihrer Vielfalt wieder in Hamburg ein. In umfassenden Retrospektiven widmet er sich etwa Franz Marc, Lyonel Feininger (1964), Max Beckmann (1965), Ernst Ludwig Kirchner (1969), Matisse und seinen Freunden (1966). Relativ früh präsentiert er den italienischen Futurismus und die Pittura metafisica (1963), die Neue Sachlichkeit (1968) und die Malerei des Surrealismus (1969). Die Sammlung Ströher mit amerikanischer Pop Art und einem umfangreichen Beuys-Komplex gastiert 1968 im Kunstverein.

In den 1960er Jahren zählt der Kunstverein ca. 4.000 Mitglieder.

1972

Im April wird Manfred de la Motte (der vorher Direktor des Kunstvereins Hannover war) neuer künstlerischer Leiter des Kunstvereins. Nach internen Streitigkeiten wird sein Vertrag zum Jahresende gekündigt. 

1973

Uwe M. Schneede wird künstlerischer Leiter des Kunstvereins. Er widmet sich erneut der Klassischen Moderne mit Ausstellungen etwa zu Edvard Munch (1984), Oskar Schlemmer (1977), René Magritte und dem belgischen Surrealismus (1982), Frida Kahlo und Tina Modotti (1982) oder zur Kunst in Amerika 1920-1940. Die Gegenwartskunst erscheint oft in Übersichtsdarstellungen: Pop Art in England (1976), Mythos und Ritual in der Kunst der 70er Jahre (1981), Spurensicherung (1974), Todesbilder in der zeitgenössischen Kunst (1983), Eremit? Forscher? Sozialarbeiter? (1979), Inszenierte Räume (1979), Künstlerräume im Kunstverein und anderswo (1984). In Einzelausstellungen ging es u. a. um Peter Blake, Dieter Roth oder Richard Artschwager. Anläßlich von Darstellungen der Kunst in der damaligen DDR (Willi Sitte, 1975; Wolfgang Mattheuer, 1978; Zeitvergleich, 1983) kommt es teilweise zu heftiger Kritik durch die konservative Presse.

1985

Karl-Egon Vester (Künstler und Kunsthistoriker) wird Direktor des Kunstvereins. Er zeigt 1987 z. B. eine Ausstellung mit Arbeiten von Andy Warhol. 

1988 

Nach Vesters Tod wird Jürgen Schweinebraden Freiherr von Wichmann-Eichhorn  neuer Direktor des Kunstvereins. 

1992

Stephan Schmidt-Wulffen wird neuer Direktor des Kunstvereins. Ein Jahr später bezieht der Kunstverein die Räumlichkeiten in der umgebauten Markthalle am Klosterwall 23, in denen er sich noch immer befindet. Zu seinen Ausstellungen zählen: Die Freilegung der Wandarbeit von Blinky Palermo aus dem Jahr 1972 (1992), „Gegendarstellung: Ethik und Ästhetik im Zeitalter von Aids" (1992), General Idea – „Fin de siècle" (1992), „Backstage" (1993), Olafur Eliasson (1995), Hans Arp/Franz West (1996), Liam Gillick (1998) oder Archigram (1997). 

2001

Yilmaz Dziewior wird neuer Direktor des Kunstvereins. Er präsentiert u.a.: Cosima von Bonin (2001), „Contextualise – Zusammenhänge herstellen“ (2002), Zhang Huan (2003), Andrea Fraser (2003), „Formalismus. Moderne Kunst, heute“ (2004), Sarah Lucas (2005), Tino Sehgal (2007) oder „Wessen Geschichte“ (2008) 

2009

Florian Waldvogel wird Direktor des Kunstvereins. Er präsentiert u.a.: Michael Riedel (2010), "Freedom of Speech" (2010), Kathrin Sonntag (2011), Kiki Kogelnik (2012), Gert & Uwe Tobias (2012), Norbert Schwontkowski (2013), John Bock (2013) oder Olaf Metzel (2013)

2014

Bettina Steinbrügge wird neue Direktorin des Kunstvereins.